Und fuehre uns in die Versuchung by Maria G. Noel & Runa Winacht
Autor:Maria G. Noel & Runa Winacht [Noel, Maria G. & Winacht, Runa]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: VA-Verlag
veröffentlicht: 2013-07-17T22:00:00+00:00
Non Probleme
Er kam sie nicht holen! Das Geläut zu Nona war schon längst verklungen, aber Pater Arno war noch immer nicht aufgetaucht.
„Hat er uns vergessen?“, fragte Mathilda und sah zu Georg hinüber.
Doch der schüttelte den Kopf. „Das wäre das erste Mal.“
Mit bewunderungswürdiger Entschlusskraft stand er auf und ging auf die Türe zu: „Wir gehen hinauf und sehen selbst nach.“
Mathilda folgte ihm umgehend.
„Ach, die beiden Schüler haben von alleine hier heraufgefunden?“
Es war die Stimme Pater Heussgens, die ihnen entgegenscholl, kaum dass sie die Türe zum Skriptorium geöffnet hatten.
„Gerade wollte ich Bruder Hartwig hinunterschicken, Euch zu holen“, erläuterte der große dunkelhaarige Pater freundlich. „Wir waren so in die Lektion vertieft, dass wir ein bisschen überzogen haben.“ Er sah sich demonstrativ im ansonsten leeren Raum um, senkte dennoch verschwörerisch die Stimme. „Zum Glück ist niemand hier, der verraten könnte, dass wir die Non ein wenig verschieben.“
„Wo ist Pater Arno?“, erkundigte sich Georg.
„Er lässt sich entschuldigen“, erwiderte Pater Heussgen. „Er fühlt sich nicht gut.“
„Ist er – krank?“ So plötzlich? Mathilda hob den Kopf. Gerade war er doch noch ... Aber natürlich! Das war des Rätsels Lösung. Er hatte sich heute schon die ganze Zeit schlecht gefühlt und war deshalb so unwirsch gewesen. Sie warf Georg einen wissenden Blick zu, den der prompt erwiderte. Auch wenn Mathilda das deutliche Gefühl hatte, er meinte damit etwas ganz anderes. Warum sonst sollte er dabei erröten? Das konnte sie jetzt aber wirklich nicht brauchen. Hastig richtete sie ihre Augen wieder auf Pater Heussgen und ihre Gedanken auf Pater Arno.
Vor ganz kurzer Zeit noch hatte sie ihn mit ihren Fragen und Problemen bestürmt. Und das, obwohl sie deutlich gemerkt hatte, dass sie ihm damit Unannehmlichkeiten bereitete. Erst als er so schnell gegangen war, hatte sie notgedrungen Ruhe geben müssen. Also war sie es, die ihm zu viel geworden war. Weil sie zu viel gefragt, ihn bedrängt hatte.
Und jetzt war er krank.
War sie etwa daran schuld? Sie zog ihre Augenbrauen zusammen. Oder war es vielleicht umgekehrt, hatte er sie so schlecht aushalten können, weil er bereits die Krankheit in sich gespürt hatte?
Jäh hob sie den Kopf und fixierte Pater Heussgen: „Kommt er wieder?“
Sie wusste, sie klang viel zu besorgt, aber wenn Pater Arno ernsthaft krank war, was wäre dann mit dem Unterricht? Würde der ausfallen? Und wenn ja, wie lange?
„Morgen wird er wieder hier sein“, erreichte sie da schon Pater Heussgens Stimme. „Da bin ich sicher.“
Mathilda wollte beruhigt nicken, zeigen, dass alles in Ordnung war. Aber sie konnte nicht. Eine noch vage Angst hatte sie ergriffen. Mit vor Anstrengung gerunzelter Stirn, um den Grund dafür zu fassen, sah sie zu Boden.
„Er hat über Kopfschmerzen geklagt, das kann schon mal vorkommen.“
Wieder Heussgen, aber diesmal mit einer alarmierenden Botschaft. Ihr Kopf ruckte zu ihm hoch.
Kopfschmerzen? Vater, bei dem war es auch so losgegangen. Unwohlsein, Mattigkeit, Schwindel und Kopfschmerzen. Und dann war er immer kränker geworden. Ohne es beeinflussen zu können, begann Mathilda zu zittern. Was, wenn Pater Arno ebenfalls ...?
Ach was! Ihre Hand machte eine abwehrende Bewegung. Pater Arno und ihren Vater konnte man nicht miteinander vergleichen.
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